Edy Portmann und Melanie Brunner, beide wohnhaft in unserer Region und am Puls der Zeit, geben Auskunft über ihre Ideen und Chancen, welche in der Region Sursee-Mittelland umgesetzt werden könnten. Der Regionale Entwicklungsträger Sursee-Mittelland sucht solche Ideen im Rahmen des Zukunftsprozesses.

Hier das Interview von Edy Portmann: (klicken Sie hier für das Interview von M. Brunner)

«Digitalisierung in Ehre, aber ohne motivierte Fachkräfte ist das alles nur Marketing»,
Edy Portmann

Edy Portmann ist transdisziplinärer Professor für Informatik am Human-IST Institut der Universität Freiburg sowie Vorstandsmitglied der Schweizerischen Informatikgesellschaft. Er lebt mit seiner Frau Eveline und ihren drei Kindern in der Region Sursee-Mittelland.

Wo sehen Sie das grösste Potenzial im gesellschaftlichen Kontext?

Als transdisziplinärer Fuzzy-Forscher in der Schnittmenge von Theorie und Praxis verbinde ich in meiner Arbeit Analoges mit Digitalem. Dabei folge ich unter anderem dem japanischen Konzept des «Wabi-sabi», dem die Haltung zugrunde liegt, Schönheit in jedem Aspekt der Unvollkommenheit in der Natur zu finden. Als Vermittler zwischen der On-und-Offlinewelt ermöglichen Fuzzy-Managementmethoden (https://fmsquare.org) demokratische Zukunftsvisionen zu entwickeln und auszuhandeln. Diese Managementmethoden erlauben den ganzheitlichen Einbezug von Menschen weit über Disziplinensgrenzen hinweg.

Welche Instrumente könnten uns dabei helfen?

Mit der Fuzzylogik, einer ganzheitlichen Integrationsmethode, welche nicht dem richtig-falsch-Paradigma der herkömmlichen Systeme folgt, lassen sich naturinspirierte Systeme bauen, die das Analoge eben mit dem Digitalen verbinden und so die Menschen der Region miteinbeziehen können. Die Logik ermöglicht eine präzise Erfassung des Unpräzisen. Ich entwickelte diese als letzter Postdoktorand ihres Erfinders Lotfi Zadeh in Kalifornien zu einem «Rechnen mit Worten und Wahrnehmungen» weiter. Dieses könnte nun als Basis integrativer Entwicklungsinstrumente für unsere Region stehen. Dieses Instrument ermöglicht nämlich nicht nur den Bau messbasierter, sondern auch wahrnehmungsbasierter Systeme. Diese könnten nun in der Region Sursee-Mittelland im Zukunftsprozess partizipativ ausgetestet werden. Indem zum Beispiel nicht nur nummerisch priorisiert und abgestimmt wird, sondern bei den beurteilenden Personen mit Wörtern und Gefühlszuständen gearbeitet wird.

Wo sehen Sie die grössten Risiken?

Leider hat in den letzten drei Jahren eine Spaltung der Gesellschaft eingesetzt. Diese kann meiner Meinung nach mittels menschzentrierter Instrumente überwunden werden. Mit Fuzzy-Managementmethoden lassen sich naturinspirierte, integrative, partizipative und direktdemokratische Zukunftsstrukturen für die Region bauen.

Was kann als ‘regionales Potenzial’ betrachtet werden?

Wir könnten hier in der Region Sursee-Mittelland ein Reallabor für eine lebenswerte Zukunftsentwicklung andenken. Im Japanischen gibt es das Konzept des «ishin-denshin», das für eine Art «Verstehen ohne grosse Worte» steht. Es spiegelt eine integrative Philosophie und innere Wertehaltung wider, mit der wir unser regionales Zukunftspotenzial ganzheitlich heben können: vorurteilsfrei, ergebnisoffen, wertschätzend, respektvoll. So schaffen wir für unsere Region eine wirklich lebenswerte Zukunft.

 

Im Kasten

Der Regionale Entwicklungsträger (RET) Sursee-Mittelland führt bis Ende 2023 einen Zukunftsprozess durch, der die regionalen Chancen und Potenziale ermittelt und in einer Art strategischem Kompass für die nächsten 10 bis 15 Jahre festhält. Im Jahr 2022 startete der Prozess. Aktuell läuft die Sammelphase, in der alle möglichen Ideen und Chancen von den Menschen in unserer Region, wie die genannten von Edy Portmann und Melanie Brunner, zusammengetragen werden. Auf der Website www.zukunftsprozess.ch können noch bis Ende April Ideen anonym eingegeben werden. Aktuell sind bereits über 70 solche Ideen erfasst worden.

In der letzten Phase werden aus den Eingaben konkrete Handlungsfelder für die Region entwickelt. Dies geschieht durch ein regionales Zukunftsforum bestehend aus 22 zufällig ausgewählten Personen. In den nächsten Wochen erhalten zufällig ausgewählte Einwonnerinnen und Einwohner aus den 19 Gemeinden der Region eine Einladung zur Teilnahme am Zukunftsforum.. Wer im Forum aktiv mit dabei sein kann, entscheidet sich an einer öffentlichen Auslosung im im Mai 2023.

Ideen für unsere Region, die weiterverfolgt werden müssten, oder unentdeckte Potenziale können noch bis Ende April online unter www.zukunftsprozess.ch mitgeteilt werden. Dort sind auch alle Informationen zum Zukunftsprozess zu finden.